Cirali: Eine verträumte Oase

Das Örtchen Cirali ist bisher vom Massentourismus verschont geblieben – ein Geheimtipp, den Kenner der Region Antalya und türklische Urlauber sehr schätzen.

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Cirali Strand

Oasen der Ruhe und Beschaulichkeit sind selten geworden an der türkischen Riviera, an der sich jedes Jahr Millionen Touristen tummeln. Das Dorf Cirali, 90 Kilometer westlich von Antalya an einer wunderschönen Bucht am Fuß des Taurus-Gebirges gelegen, ist ein solches Refugium. Wer eines der 1200 Betten in den wenigen verträumten Hotelpensionen buchen will, muss selber vor Ort oder im Internet suchen, denn Cirali hat kein großer Reiseveranstalter im Programm. All-Inclusive-Urlaub, Rummel und Animation rund um die Uhr hat Cirali nun mal nicht zu bieten. Wer hier Ferien macht, sucht den Kontakt zu den Einheimischen und zur Natur, wandert gern in den kühlen Wäldern und Bergen der Umgebung. Hinauf auf den Gipfel des 2300 Meter hohen Tahtali, hinüber zu den Ruinen des antiken Olympos oder zum Dörfchen Ulupinar, wo in kleinen Restaurants an kristallklaren Gebirgsbächen frische Forellen serviert und »Corban Kavurma«, Fleischstückchen mit Zwiebeln und Pilzen im Pfännchen, auf dem Tisch geschmort werden.

Dreieinhalb Kilometer ist der Sand-und Kiesstrand von Cirali lang und den teilen sich die vergleichsweise wenigen Touristen mit einer seltenen, vom Aussterben bedrohten Spezies: Meeresschildkröten der Art Caretta caretta, die in warmen Sommernächten an Land kriechen, um im Sand ihre Eier abzulegen. Seit 15 Jahren müht sich Cirali, seinen Schildkrötenstrand samt der näheren Umgebung unter strikten Naturschutz stellen zu lassen.  Nicht überall ist das gelungen, doch die Umweltschützer haben gute Fortschritte gemacht. Der umtriebige Bayram Kütle hat den Schutz der Schildkröten zu seiner Sache gemacht, in der Lege- und Schlüpfzeit kümmert er sich mit freiwilligen Helfern um die bedrohte Tierart. Wichtig ist, dass Autos, Hunde und allzu neugierige Menschen von den Nestern ferngehalten werden. Und wenn die Kleinen schlüpfen, muss ihr Weg ins Meer frei von Hindernissen und Plastiktüten sein, Schutz vor Fressfeinden wie Möven und Raubvögeln können sie auch gut gebrauchen: Ohne Hilfestellung und ganz allein auf sich gestellt, würde von 1000 kleinen frisch geschlüpften Schildkröten nur eine einzige überleben.

schildkröten
Am Strand von Cirali legen Meeresschildkröten ihre Eier ab. Die kleinen Tierchen rennen auf dem Weg zum Meer um ihr Leben

Großinvestoren der Tourismusindustrie, die schon lange ein Auge auf den Traumstrand geworfen haben und in Cirali gerne mächtige Hotelanlagen bauen möchten, sind bislang nicht zum Zug gekommen. In Kemer und Tekirova, die vor 30 Jahren auch noch verschlafene Fischerdörfchen waren, haben sie  große und lebhafte All-inclusive-Clubs hochzogen. Cirali ist nicht weit entfernt, doch es ist ganz anders: Kein Haus ist höher als der höchste Baum im Ort, es gibt auch schicke und luxuriöse Hotels, aber die sind von der Größe her überschaubar und fast immer im Besitz einheimischer Familien. Gastfreundschaft wird hier immer ganz groß geschrieben.

Gleichwohl machen sich die Menschen in Cirali Sorgen, dass irgendwann doch die eine oder andere Hotelkette ins Dorf kommt. Sie lassen keinen Zweifel daran, dass sie sich mit Händen und Füssen dagegen wehren werden. Versuche der Forstverwaltung, größere Flächen im und am Ort aufzukaufen, sind zunächst erfolgreich gestoppt worden – und seither sind die Bewohner auf der Hut.

Der lange Sandstrand von Cirali ist ein Traum, in der Nebensaison aber oft noch menschenleer.

Vor Urzeiten war Rettung aus höchster Not übrigens von einem tapferen Helden gekommen. Damals, als über dem Ort – auf den Chimeira-Hügeln, wo über den noch immer leuchtenden Flammen eines magischen Erdfeuers der Höllenschmied Hephaistos gehaust haben soll – die schreckliche Chimäre ihr Unwesen trieb. Dem feuerschnaubenden Untier aus einer Kreuzung von Löwe, Ziege und Schlange machte seinerzeit der Königssohn Bellerophon auf seinem fliegenden Pferd Pegasus den Garaus – die Legende ist wohl jedem geläufig , der in der Schule etwas von griechischer Mythologie gehört hat.

Gesehen hat man den Prinzen seit der Antike nicht mehr und gegen das Ungeheuer Massentourismus hätte wohl auch er keine Chance. Die Menschen in Cirali setzen ihre Hoffnung lieber in die Mobilisierung der Medien und der Umweltschutzverbände. Und natürlich auf die Unterstützung ihrer Gäste, die Cirali lieben, wie es ist: Ein Ort ohne Hektik und Lärm, ein hübsches Fleckchen mit ursprünglichen und guten Restaurants, dem feinen Schildkrötenstrand – und dazu einer Sehenswürdigkeit, die weit und breit ihresgleichen sucht: Yanartas, der „brennende Stein“ auf den Hügeln vor Cirali.

Austretendes Gas macht den Hügel von Yanartas tatsächlich zu einem brennenden Stein.

Eigentlich sind es viele Steine, die dort seit Jahrhunderten brennen. Es sind die schon erwähnten Erdfeuer des antiken Höllenschmieds, die aus vielen kleinen Löchern des Berges züngeln. Gespeist werden sie – vereinfacht gesagt – durch austretende Gase, und jede Nacht sorgen sie für ein einmaliges Naturschauspiel. In der Hochsaison zieht es Hunderte hinauf zu den Feuern, wo manchmal Würstchen gegrillt und von jungen Leuten Gitarre gespielt wird – ein Vergnügen, das mit einem fast 40 minütigen Aufstieg vom Parkplatz und der Cafeteria erwandert werden will. Besonders eindrucksvoll und romatisch ist der Besuch von Yanartas bei Sonnenuntergang, denn der Blick auf die in der Bucht von Cirali versinkende Sonnenscheibe ist atemberaubend schön. Zwei praktische Ratschläge sollten Besucher unbedingt beherzigen: Feste Schuhe anziehen und eine Taschenlampe mitnehmen – der Weg zurück über holprige Steinquader ist im Dunkeln ein kleines Abenteuer.

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