Sides steiler Aufstieg

Die Geschichte der Stadt Side ähnelt einer Achterbahnfahrt: Aus einer reichen antiken Stadt wurde ein verlassenes Dorf - und daraus entstand in wenigen Jahrzehnten eine der größten Touristen-Hochburgen der türkischen Riviera.

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Zehn Kilometer lang und meistens feinsandig ist der Strand von Side und seiner Nachbarorte.
Zehn Kilometer lang und meistens feinsandig ist der Strand von Side und seiner Nachbarorte.

Pracht und Reichtum

Viele Einheimische behaupten, dass in Side alles ein klein wenig teurer sei als in den Nachbarstädten: Die Wohnungsmieten, die Supermärkte und die Restaurants. Touristen werden das nicht spüren, denn die Kaufkraft des Euro ist in der Türkei so hoch wie in keinem anderen europäischen Urlaubsland – vor allem Deutsche spüren den Preisunterschied nicht.

Spötter meinen, dass das höhere Preisniveau in Side Tradition hat, denn die Stadt zwischen Antalya und Alanya, die angeblich schon 1400 v. Chr. gegründet worden ist, war in der Antike ausgesprochen reich, das Leben in ihr war entsprechend kostspielig. Wohlhabend geworden ist sie durch ihren Hafen, in dem Güter aus dem ganzen Mittelmeerraum umgeschlagen wurden, und in dem der hässliche, aber höchst einträgliche Sklavenhandel betrieben wurde. Oft steckten Seeräuber hinter dem üblen Geschäft, die Jahrhunderte lang die ganze Küste tyrannisierten, ehe die Römer und ihre Verbündeten den Piraten in blutigen Schlachten den Garaus machten.

Unter den Römern kam Side zu fast noch größerem Wohlstand, doch mit dem Zerfall des römischen Reiches setzte der Niedergang der Stadt ein. Die Versandung des Hafens und Einfälle der Araber machten Side schwer zu schaffen, ein gewaltiges Feuer und ein Erdbeben zerstörten die Stadt nachhaltig, die bald von all ihren Einwohnern verlassen wurde.

Ein berühmter Basar

Gewürze sind neben Kleidung und Taschen der Hit auf den Basaren.

Erst vor gut 100 Jahren siedelten sich in Side, genauer in dem Dorf Selimiye, wieder Menschen an, um 1970 herum wurden die herrlichen Strände der Region erstmals von ausländischen Urlaubern entdeckt. Von da an ging es abermals steil bergauf: Aus dem Dörfchen wurde eine rapide wachsende Urlauber-Hochburg mit luxuriösen Hotels, schicken Bars, Restaurants und Geschäften.  Der Basar der Stadt mit den (meist gut nachgemachten) Klamotten, Schuhen und Taschen von internationalen Nobelmarken war bald berühmt für seine große Auswahl und die billigen Preise, aber auch lange berüchtigt für ziemlich lästige Händler. Das Eingreifen der Stadtverwaltung hat der Aufdringlichkeit der Händler inzwischen Grenzen gesetzt – Einkaufen macht Spaß und ist zu Recht eine Lieblingsbeschäftigung von Urlaubern.

Schick und schön

Kunstvolle Melonen-Schnitzereien findet man in einigen guten Restaurants. Foto: Hakan Kozan

Ähnlich beliebt sind nur noch schick Ausgehen, ein bisschen schlemmen in den netten Restaurants und natürlich baden, baden und nochmals baden. Sides Strände sind an die 10 Kilometer lang,  die Strandabschnitte von Side und der Feriendörfer Çolaklı, Evrenseki und Kumköy gehen fast übergangslos ineinander über. Überall am Meer findet man Wassersport-Basen, die Jet-Skis, Wasserski und Parasailing anbieten. Die Strandpromenaden laden zu entspannten Spaziergängen ein, die Natur der Umgebung lockt – und natürlich gehört das Erkunden der antiken Schätze Sides zum Pflichtprogramm von Urlaubern.

Gladiatoren und Gebete

Die wichtigste und zugleich wuchtigste Sehenswürdigkeit Sides ist sicherlich das große Theater. Es bot Platz für rund 15 000 Zuschauer und ruht wie eine riesige Schale auf einer massiven Stützkonstruktion. In spätrömischer Zeit wurde die Arena für blutige Gladiatorenkämpfe genutzt, in der byzantinische Periode diente sie zeitweise als Freiluftkirche.

Teile der imposanten Stadtmauer sind bis heute erhalten. Die prächtige Kolonnaden-Straße, die vom Wohlstand des alten Side zeugt, führt vom Theater bis zum Hafen. Dort sind die Ruinen zweier Tempel zu sehen,  der größere war der Göttin Artemis,  der kleinere dem Sonnengott Apollon geweiht. Die wieder aufgerichteten Säulen der Tempel, wunderschön am Meer gelegen, sind für Touristen aus aller Welt das Fotomotiv Nummer eins – vor allem bei Sonnenuntergang, wenn sich die eindrucksvolle Kulisse der Tempel im rötlichen Licht der im Meer versinkenden Sonne widerspiegelt. Während des Internationalen Kunst- und Kulturfestivals von Side finden im Tempel-Areal besuchenswerte Konzerte statt.

Lebendiger Marktplatz

Sehen Sie sich unbedingt auch die Agora an. Dort, auf dem antiken Versammlungsplatz,  trafen sich die Einwohner von Side, plauderten, stritten und machten ihre Geschäfte – im doppelten Wortsinn, denn bei der Agora war auch eine öffentliche Toilettenanlage für zwei Dutzend Personen. Umgeben war der unbebaute Platz an jeder Seite von genau 100 Säulen, von Geschäften und Markthallen, in denen auch Sklaven angeboten und verkauft wurden.

Im alten römischen Bad, das 1960 restauriert wurde, ist heute das Museum von Side untergebracht. Ausgestellt sind Statuen, Sarkophage, Altäre, Reliefs und Säulen, die bei den intensiven Ausgrabungen in der Stadt gefunden wurden. Prunkstücke sind Statuen der Drei Grazien, der Nike und des Herkules sowie Reliefs, die die Geburt von Göttervater Zeus und Eros-Figuren zeigen.

Natur pur in Manavgat

Die Stromschnellen des wasserreichen Manavgat-Flusses
Die Stromschnellen des wasserreichen Manavgat-Flusses

Während Side vor allem für Geschichte, Strandurlaub und Hotelurlaub steht, ist die Umgebung für Natur und schöne Landschaften bekannt. Wer also die Besucherströme und den Trubel der Stadt einmal hinter sich lassen möchte, dem sei ein Ausflug nach Manavgat empfohlen. Das nahe Taurus-Gebirge schickt unglaubliche Wassermassen herunter ins Tal, die sich bei Manavgat sammeln, ehe sie über Stromschnellen und Wasserfälle ins Meer fließen.  Im Zentrum der Kreisstadt, an der alten Brücke, starten Bootstouren über den Fluss, die drei bis vier Stunden dauern und Badepause, Mittagessen und manchmal auch Bauchtanz-Vorführungen einschließen.

Zwischen Fluss und Meer

Mit dem Piratenschiff vom Manavgat-Fluss zum Meer. Foto: D.A. Karlsson
Mit dem Piratenschiff vom Manavgat-Fluss zum Meer. Foto: D.A. Karlsson

Für den Tourismus entdeckt werden zunehmend auch die Seen der Umgebung. Besonders schön ist der Titreyengöl, der „Zittersee“. Wer ihn sieht, versteht schnell, warum er diesen eher komischen Namen hat: Eine leichte Brise streicht permanent über den See und kräuselt ständig die Wasseroberfläche. Trotzdem ist der Name eigentlich nicht ganz richtig, denn ein See ist der Titreyengöl gar nicht, sondern nur eine Ausweitung des Manavgat-Flusses vor der Mündung ins Meer.

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